Sonntag, 26. Juni 2016

Sputnik 2, die Fortsetzung eines wissenschaftlichen Abenteuers

 

Abb.1 Bestandteile von Sputnik 2.
Am 24.4 2015 um 13.00UTC (15.00 MESZ) startete Sputnik 2 pünktlich in den strahlend blauen Dessauer Frühlingshimmel. Die Bedingungen waren mehr als günstig, 22°C Außentemperatur, leichter Wind, hervorragende Fernsicht und ein ruhiger Schulhofplatz. Die Nutzlast wurde zuvor in achtwöchiger Fleißarbeit entwickelt und zusammengebaut. Die Konzeption sah den Einsatz einer Mikrocontrollerplattform vor (Arduino Mini Pro) in Verbindung mit einem Digitalsensor BP180 von Bosch zur Ermittlung von Luftdruck, Innentemperatur und daraus berechneter Flughöhe, sowie einem Analogaußentemperatursensor vom Typ LM335. In den AG-Stunden haben wir uns
intensiv mit Problemen des I2C-Busses, der Analog/Digitalwandlung und der Telemetrie mittels Morsetelegraphie auseinandergesetzt. Als Sender kam ein verbesserter 433 Mhz ISM Sender vom Typ RF Link 434 (Quelle:Watterott) zum Einsatz, der deutlich sicherer arbeitete.
Abb.2 Sputnik 2 bereit zum Start
Die daraus entwickelte 11 Gramm Nutzlast mit Eigenbaufallschirm erfüllte gestern die Schülerinnen und Schüler mit Stolz, entsprechend aufgeregt waren alle vor dem Start. Wird der Ballon zügig aus dem bebauten Gebiet unseres Schulstandortes aufsteigen? Ist die Nutzlast auch richtig befestigt. Sind die elektrischen Komponenten ordentlich verlötet? Schwingt der Sender auch bei tiefen Temperaturen sicher an? Zum Gelingen dieser zweiten Mission wurde auch einiges getan. Zunächst unterstützte uns Andreas (DG0HAB) mit Antennentechnik, Funkgerät und tatkräftiger Hilfe vor Ort. Steffen (DO2AS), Sören (DL2HQS), Günther (DG3HWO) und Dietmar (DL4HWO) besetzten die Satellitenanlage an unserer Clubstation und übernahmen die Außenstelle "Mission Control 2" in Wolfen. Alle Stationen waren nicht nur mit Empfangstechnik,  drehbaren Satellitenantennen ausgestattet, die Signale konnten sogar aufgezeichnet werden.
Abb. 3 Befüllen des Ballons
 Ein weiteres Ereignis machte den Start spannend, die Schülerinnen und Schüler der 12. Klassen hatten ihren letzten regulären Schultag, so fehlten die in der AG erfahrenen teils langjährigen AG-Mitglieder der 12. Klasse Stefan, Tom, Tim, Alex, Anna und Vinzenz. Den jüngeren Schülern wurde das bei den Startvorbereitungen bewusst, Daniel brachte dann vor dem Start und beim befestigen der Nutzlast den "entscheidenden Spruch": "Es kann doch eigentlich nichts schief gehen, nur acht Wochen Vorbereitungsarbeit!"! (;-))
Abb.4 Start von Sputnik 2
Viktor übernahm dann die Rolle des Flightdirectors und gab pünktlich um 15 Uhr Ortszeit den Ballon in den Dessauer Himmel frei. Es war ein Bilderbuchstart, alle hatten sorgfältig in der Vorbereitung gearbeitet und unter Jubel und Applaus erhob sich die Radiosonde Sputnik 2 zügig in den Himmel.
Bis zirka 15.46 Uhr konnten wir den Ballon vom Schulhof aus sicher verfolgen und decodieren. Das letzte Signal empfingen wir 15.49 Uhr bei -22.5°C Außentemperatur, 9.1°C Innentemperatur, 409 hPa Druck und einer Flughöhe von 7000 Metern! Das war die Grenze des Möglichen bei der Verfolgung der Nutzlast mit handnachgeführten Antennen vom Schulhof. Jetzt lagen unsere Erwartungen bei Mission Control 2, der Satellitenstation mit Crew in Wolfen. So gelang die Verfolgung dort fast 2,5 Stunden, das letzte Signal riss 17.20 Uhr MESZ ab.
Erfreulicherweise erhielten wir auch Unterstützung aus Thüringen. Peter (DJ2AX) aus Tautenhain und Winfried (DL2AWT) aus Gera konnten die Sputniksignale mit einfachster Technik empfangen und decodieren. Beiden Funkamateuren möchte ich recht herzlich für die zugesandten Empfangsprotokolle danken. Immerhin über 100 Kilometer Entfernung überbrückten die Signale auf ihren Weg zu den beiden Stationen!
Abb. 5 Verfolgung der Signale
Was bleibt nun nach dem erfolgreichen Start der Mission. Wir wissen jetzt schon, dass unsere Nutzlast eine Höhe von mehr als 16000!! Metern erreicht hat. Dabei waren die Außentemperaturen nahezu -50°C, im inneren von Sputnik sank die Temperatur auf bis zu -10°C.
Das ISM Band hat seine Grenzen, stellenweise wurde Musik aus Kopfhörern und Wetterstationen empfangen, ein Wechsel auf ein ruhigeres Amateurfunkband im Sommer wird zusätzlichen Gewinn bringen. Auch sollten wir eine Antenne auf das (Flach) Dach des Liborius-Gymnasiums bringen. Für die AG-Stunden steht jetzt die Auswertung der Aufzeichnungen (2,5 Stunden Audioaufnahme) und der mitgeschriebenen Protokolle von Peter und Winfried an.
Ich möchte den kleinen Bericht mit einem Dank beschließen.Danken möchte ich meinen Schülerinnen und Schülern der AG Elektronik und Amateurfunk, die durch ihre Begeisterung und ihren Wissensdurst diese Mission ermöglicht haben. Danke Tom, für Deine jahrelange zuverlässige Arbeit in der AG. Deine Nutzlast hat prima funktioniert, Du würdest einen super Ingenieur abgeben, viel Erfolg beim Studium ;-) !
Danke an Andreas,Steffen, Sören, Günter und Dietmar für eure Hilfe und Hamspirit, ohne euch würden uns wichtige Daten für die Auswertung fehlen. Danke an Peter und Winfried aus Thüringen, eure Protokolle werden am nächsten Freitag sicher Erstaunen in den Reihen unserer AG hervorrufen.
Einen besonderen Dank auch an Herrn Nitz im Landesverwaltungsamt der Oberen Luftfahrtbehörde in Halle für die schnelle und unkomplizierte Bearbeitung und Genehmigung unseres Vorhabens.
Die Ballonmission hat in allen AG-Mitgliedern die Begeisterung, Aufregung und den Stolz hervorgerufen, den auch die Wissenschaftler und Ingenieure unseres Landes und der Welt empfinden, wenn Raumsonden fremde Himmelskörper erobern oder aufwendige Teichenbeschleunigerexperimente erfolgreich verlaufen. Ich denke, man kann auch mit geringen finanziellen Aufwand solche Erfahrungen den jungen Menschen vermitteln und damit etwas für den notwendigen naturwissenschaftlich technischen Nachwuchs tun!

Dessau, den 25.4.2015
Jens Home (DM4JH)
Abb. 6 Errechnete Steigrate der Nutzlast Sputnik 2

Abb. 6 Empfangene Höhen- Temperaturwerte